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Die beiden Stadtführerinnen sprühen sie vor Witz und Esprit, wenn sie erklären, dass die Plaza ein wichtiger Ort sei, an dem im wahrsten Sinn des Wortes, zuweilen Köpfe rollen. Vor dem Palacio Nava Grimón lesen sie einen Brief, den sie angeblich abgefangen haben.
Der Inhalt betont den intellektuellen Einfluss, den die Familie Grimón, die ursprünglich aus Flandern stammt, in der Stadt hatte. Seltsame Bücher würden dort gelesen, weiß man zu berichten. Ein Brief von des Naturforschers Briten Johnson belegt den wichtigen Einfluss der Familie durch ihre Kontakte zu gelehrten Persönlichkeiten aus ganz Europa. Den liberalen Ideen dieses Geschlechts ist die Öffnung der Schulen für weltliche Lehrer, die erste Armenspeisung und eine medizinische Versorgung der sozial schwachen Bevölkerung zu verdanken.
An der Casa Mesa unterhalten sich die Stadtführerinnen über den neuartigen Baustil mit den quadratischen und in geraden Linien, den diese Familie eingeführt hat. Außerdem soll das Haus das erste Flachdach gehabt haben, was die beiden Spaziergängerinnen zu leichten Sticheleien über die Bauherren animiert, die wohl nicht genügend Geld für ein „richtiges“ Dach hätten. Gleichzeitig jammern sie darüber, dass mit dem Vulkanausbruch, der Garachico zerstört hat, die Männer in Scharen in die neue Welt aufbrächen, um ihr Glück zu versuchen und sie als Jungfern zurückblieben, ohne die Aussicht doch noch ein „Prachtexemplar“ abzubekommen.
Immer wieder warnen sie die Besuchergruppe vor vorbeirasenden Pferden oder Pferdekutschen (alias Autos) und vermeintlichen auf der Straße liegenden Pferdeäpfeln. Vor der Casa Riquel diskutieren sie über die vielen Kaufleute, die sich aus Großbritannien, Italien, Frankreich und Flandern auf der Insel niedergelassen hätten und so viele neue Sprachen, aber auch wirtschaftlichen Wohlstand mitgebracht hätten. Für die Krise im Weinanbau machen sie die Engländer verantwortlich, die immer mehr versuchten, die Preise zu drücken. Zum Protest hätten die Winzer des Orotava-tals ihre Ernte in den Barranco geschüttet, tratschen die beiden Frauen munter vor sich hin. Außerdem sei mit den Ausländern ein wichtiger ökonomischer und moderner Impuls auf die Insel gekommen, aber mit ihnen seien auch Krankheiten und Epidemien eingeführt worden. Der Spaziergang durch die Stadt in Form einer witzigen, amüsanten und manchmal etwas bissigen Unterhaltung weicht von den üblichen Stadtführungen ab. Den Besuchern bereitet er allerdings ein unterhaltsames Vergnügen.
Deutsche, „normale“ Führungen werden von Montag bis Freitag um 11.30 Uhr angeboten, spanische um 10.30 Uhr, 12 und 16 Uhr. Englisch und Französisch auf Anfrage. Bei Gruppen sind jederzeit Sonderabsprachen möglich. Um Voranmeldung wird bei allen Führungen gebeten. Das Tourismusbüro befindet sich in der Casa Alvarado Bracamonte in der Calle La Carrera und ist unter der Telefonnummer 922 63 11 94, täglich von 9 bis 17 Uhr, zu erreichen.